Gedenkveranstaltung am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

Rüdersdorf bei Berlin, den 27. 01. 2023

Am Nachmittag des 27. Januar 2023 gedachte die Gemeinde Rüdersdorf den Opfern des Nationalsozialismus am Denkmal auf dem Kolonistenfriedhof.

 

Hier veröffentlichen wir die Rede der Bürgermeisterin anlässlich dieses Tages:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde aus Pierrefitte-sur-Seine,
liebe Anwesende,

 

in drei Tagen jährt sich die Machtergreifung Hitlers zum 90. Mal. An diesem schicksalhaften 30. Januar 1933 wurde er vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Damit wurde das Ende der Weimarer Republik, der ersten deutschen Demokratie besiegelt. Es folgten innerhalb kürzester Zeit die Auflösung des Reichstages, die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz.


Bereits am 3. März desselben Jahres wurde das KZ Nohra, in der Nähe von Weimar, als erstes Konzentrationslager der Nationalsozialisten eingerichtet. Es folgten noch im gleichen Monat Dachau und Oranienburg. In den Jahren der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wurden insgesamt 24-KZ Stammlager mit weit über 1.000 Außenlagern geschaffen.


In den Jahren von 1933 bis 1945 brachte die Nationalsozialisten rund 17 Millionen Menschen um. In Konzentrationslagern, bei Pogromen, in Gefangenlagern, in Krankenanstalten.
Darunter rund 6 Millionen Jüdinnen und Juden;
5,7 Millionen nichtjüdische, sowjetische Zivilisten;  
3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene;
1,8 Millionen polnische Zivilisten.


Zu den weiteren Opfergruppen gehörten unter anderem Menschen mit Behinderung, Sinti und Roma, Homosexuelle und sogenannte Asoziale.

 

17 Millionen Menschen. 17 Millionen Menschen, die einem tiefgreifenden, menschenverachtenden Rassismus zum Opfer fielen. In diesen Tagen erinnern Film und Fernsehen bis hin zum Tatort am letzten Sonntag daran, wie wichtig es ist, nicht zu vergessen.


Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen kurzen, ganz persönlichen Exkurs: Als ich vor einigen Jahren noch in der Verwaltung von Teupitz arbeitete, machte sich damals ein Kollege auf, alte Bau- und Liegenschaftsakten zu archivieren. Was er rein zu fällig fand, war überaus erschreckend:


In Ermangelung von festen Zwischenregistern in der Zeit der noch jungen DDR haben die Verwaltungsmitarbeiter alte Karteikarten der Einwohnermeldekartei kurzerhand umgedreht und wiederverwendet. Auf den Rückseiten der inzwischen über viele Ordner verteilten Karten waren akribisch die Stationen des Leidensweges zahlreicher NS-„Euthanasie“-Opfer aus der Teupitzer Irrenanstalt in dokumentiert. Beginnend mit der Registrierung von Anstaltsinsassen gem. geltendem Melderecht, wurden „Verlegungen“ auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars vermerkt und auch Tötungsdaten eingetragen, die von (Sonder)Standesämtern am Sitz von Gasmordanstalten nach Teupitz gemeldet wurden.


Die „Irrenanstalt“ im beschaulichen brandenburgischen Städtchen Teupitz war in der NS-Zeit Tatort von Zwangssterilisationen und sog. Zwischenanstalt auf dem Wege zur Tötung von mehr als 70.000 alten, kranken oder behinderten Erwachsenen in den Gasmordanstalten („Aktion T4“). Nach bisherigen Forschungen hat die Anstalt Teupitz 1.884 von ihnen als „lebensunwert“ dem Tode ausgeliefert.


Das heutige Asklepios Fachklinikum Teupitz gedenkt regelmäßig dieser Verbrechen. Aber ganz persönlich die Namen, die Abkürzungen dahinter und die Todesdaten zu lesen und sich vorzustellen, wie Kolleginnen und Kollegen nach dem Krieg zur Tagesordnung übergingen und diese unglaublichen Dokumente zweckentfremdeten, das war für mich eine ganz persönliche Erfahrung, die mich bis heute nicht losgelassen hat. (nachzulesen in J.-P. Belli, Kommunen und NS – Euthanasie)

 

Diese ganz persönliche Erfahrung lässt noch einmal deutlich werden, mit welcher Menschenverachtung, aber auch tiefgreifenden Durchdringung das Regime bis auf unterste Verwaltungsebene durchschlug und sich seinen Weg bahnte.


Schauen wir ins Jetzt und Heute:

 

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg wird nach wie vor Rechtsextremismus und mithin rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut als die größte Gefahr unseres Landes angesehen. Das rechtsextreme Personenpotential sei das zweithöchste seit 1990.

Umso mehr freut es mich, dass ich gestern im Friedrich-Anton-von-Heinitz-Gymnasium Rüdersdorf die Wanderausstellung  „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ mit eröffnen durfte und dass die Schule Teil des brandenburgischen Netzwerks „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ ist.
Aber jenseits dieser Leuchtturmprojekte gilt es, jeden Tag achtsam zu sein.


Wie so oft fängt es im Kleinen an: Sprache ist der Grundstein unsere Kommunikation, sie kann sensibilisieren, aber auch radikalisieren. Wenn Sprache verroht, wenn sich Leute in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlen, weil ihnen widersprochen wird oder weil Minderheiten darauf hinweisen, dass sie sich durch die Sprache der Mehrheit diskriminiert fühlen, dann sollten wir alarmiert sein.


Hass und Hetze waren damals der Grundstein, sie fielen auf fruchtbaren Boden. Hass und Hetze sind auch heute der Grundstein, sie verschärfen sich in den Echokammern der sozialen Medien und breiten sich über fake News aus.


Heute vor 78 Jahren wurde das KZ Auschwitz von der roten Armee befreit – es folgte die Befreiung der anderen Lager durch die Alliierten. Wir nutzen diesen Tag als Gedenktag. Es ist aber auch unsere Aufgabe, jeden Tag dafür einzutreten, dass Hass, Hetze, Rassismus, Verrohung und Menschenverachtung nicht weiter um sich greifen. Es ist unsere Aufgabe – dass das, wofür Auschwitz steht, nie wieder sein wird.


Dafür stehen wir und gedenken der Opfer.

 

 
 
 

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